Schielen

Schielen („Strabismus“) nennt man eine beständige oder nur fallweise auftretende Fehlstellung eines oder beider Augen, beide Augen schauen nicht in die gleiche Richtung.
Schielen ist nicht primär ein Schönheitsfehler sondern birgt die Gefahr einer bleibenden Sehbehinderung („Schwachsichtigkeit“).
Dabei ist der Zeitpunkt der Entdeckung und des Behandlungsbeginns von entscheidender Bedeutung: schon zu Beginn des Schulalters kann trotz Behandlung keine normale Sehschärfe mehr erreicht werden – das „Lernprogramm“ der Augen ist praktisch abgeschlossen. Die Entwicklung der Sehschärfe erfolgt vor allem in den ersten zwei Lebensjahren.

Wird eine Sehschwäche nicht rechtzeitig behandelt, bleibt sie lebenslang bestehen.
Gelegentliches Schielen in den ersten Lebenswochen ist jedoch kein Grund zur Beunruhigung – das Baby kann die Augen noch nicht richtig koordinieren.

Wie entsteht die Schwachsichtigkeit?
Wenn die Sehachsen nicht auf dieselbe Stelle der Netzhaut beider Augen treffen, entstehen störende Doppelbilder. Das schielende Kind kann sich dagegen wehren, indem es das vom schielenden Auge übermittelte Bild unterdrückt. Damit wird das Auge beim Sehen nicht benutzt („trainiert“), die Sehleistung fällt ab.

Was ist die Folge einer Schwachsichtigkeit?
Da das Kind den Zustand „gewohnt ist“, ist es durch das schwächere Auge nicht gestört. Auch den Eltern fällt meist nichts auf, weil das gute Auge ja eine normale Sehleistung ermöglicht. Das dreidimensionales Sehen fehlt. Es besteht erhöhte Unfallgefährdung, die Berufswahl ist beeinträchtigt, da beidäugiges Sehen für Berufe wie Pilot und Berufsfahrer verlangt wird.

Die Ursachen des Schielens sind mannigfaltig. Es tritt in manchen Familien gehäuft auf, was auf eine erbliche Veranlagung schließen lässt. Manchmal liegen die Ursachen im Auge selbst wie eine angeborene Linsentrübung, ein hoher Brechungsfehler, ein großer Unterschied der Brechkraft beider Augen, selten auch ein Tumor oder eine Augenverletzung.

Die Symptome des Schielens sind in der Regel keine Doppelbilder, sondern eine rasche Abnahme der Sehschärfe des betroffenen Auges.
Manche Formen des Schielens sind durch eine nur kleine Abweichung der Augenachse äußerlich kaum zu sehen und daher besonders gefährlich („Mikrostrabismus“). Sie fallen äußerlich nicht auf, was die Notwendigkeit der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung unterstreicht.

Da es im Kleinkindalter oft kein eindeutiges Merkmal einer Sehschwäche gibt, sind Vorsorgeuntersuchungen dringend zu empfehlen.

Die Diagnose des Schielens erfolgt durch den Abdecktest sowie Tests des beidäugigen und räumliche Sehens.

Die Behandlung des Schielens basiert auf drei Säulen:

1) Die richtige Brille ist Grundvoraussetzung und Erstmaßnahme. Sie kann den Schielfehler bei manchen Schielformen komplett zum Verschwinden bringen. Eine kindgerechte Brille hat fest sitzende Bügel, einen breiten Nasensteg und ist aus bruchsicherem Material gefertigt. Eine Brillenversorgung ist schon im ersten Lebensjahr möglich

2) Die Okklusionsbehandlung besteht in der Abdeckung des besseren (nicht schielenden) Auges für eine bestimmte Zeit des Tages. In der Regel wird dabei ein Augenpflaster verwendet, seltener das Brillenglas abgedeckt. Das schlechtere Auge wird somit „gezwungen“ zu sehen und somit trainiert.

3) Die Schieloperation wird notwendig, wenn der Schielwinkel so groß ist, dass keine beidäugige Zusammenarbeit zustande kommt. Dabei werden die äußeren Augenmuskeln gekürzt oder verlagert und die Augen möglichst parallel gestellt. Der ideale Zeitpunkt der Operation bei Kindern mit frühkindlichem Schielen ist das 5.-6. Lebensjahr (vor der Einschulung). Voraussetzung ist, dass die Brille gut getragen wird, die Schwachsichtigkeit weitgehend behoben ist und bei guter Kooperation (Winkelausmessung) das Operationsergebnis gut planbar ist. In manchen Fällen ist – oft erst Jahre später – ein Zweitoperation notwendig.

Der Augenarzt ist mit der Behandlung nur dann erfolgreich, wenn die Eltern zuverlässig mitwirken. Die verordnete Brille muss ausnahmslos und ununterbrochen getragen, die Abdeckbehandlung konsequent durchgeführt werden. Kind und Eltern müssen viel Geduld und Durchhaltevermögen aufbringen.

 



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